Elisabeth Schmidauer im Gespräch zu »Mord für Anfänger und Fortgeschrittene«

»Sommergeschichte mit Toten«

Dein neuer Krimi spielt im Rahmen eines »Kreativkurses« auf einer griechischen Insel. Den können interessierte Leserinnen und Leser ja wirklich buchen …
Ich habe mehrmals und mit großem Vergnügen ein oder zwei Sommerwochen auf Zakynthos in der Sommerakademie verbracht. Morgens ein wenig Körperarbeit, mittags Theaterkurs und abends Singen, meist mit Marios und Julie. Ich war im Fotokurs, im Tauchkurs, im Griechischkurs. Alle Menschen dort sind sehr kommunikativ, vor allem die Theaterleute, man trifft sich beim Essen, am Strand … und weil man Zeit hat zum Blödeln und das Leben einfach schön ist, tut man das auch ausgiebig, nämlich kommunizieren und Ideen in den Raum werfen. Irgendwann war die für eine begeisterte Krimileserin ohnehin sehr naheliegende Idee da: Da könnte man – also auch ich? – doch einen Krimi genau hier ansiedeln.

Was wäre deine erste Lektion, wenn du selbst die Leiterin eines Kurses mit dem Titel »Mord für Anfänger und Fortgeschrittene« wärst?
Ich habe den Kurs im Buch, glaube ich, recht wirklichkeitsnah entworfen. Wahrscheinlich würde ich den Theorieteil kürzen – und auch das Plaudern würde eher in der Freizeit stattfinden. Ich würde nach einer knappen Besprechung der Grundzüge des Genres wahrscheinlich schnell ans Tun gehen. Die im Roman angeführte Übung »Wir entwerfen gemeinsam einen Mörder/eine Mörderin« verbindet die Gruppe, niemand muss sich extra originell präsentieren, man lacht, man schlägt vor, man verwirft, man einigt sich – so entsteht ohne viel Anstrengung eine doch recht differenzierte Figur.

Du setzt im Roman Kriminalliteratur und griechische Mythologie in Bezug zueinander. Was ist beiden gemein?
Die Verbrechen. Hier glänzen die griechischen Mythen mit einer beeindruckenden Fülle. Die Tatsache, dass die meisten Verbrechen bei den alten Griechen ihren Ursprung in der Familie haben, gibt mir doch zu denken. Krimi und Mythologie ist auch die Psychologie des Verbrechens gemein, der Mechanismus des Gejagtwerdens, einerseits von den eigenen Gewissensbissen, andererseits von Gottheiten bei den Griechen oder Institutionen und Privatpersonen im Krimi. Aber auch die Notwendigkeit, das Verbrechen aufzuklären und die durch einen Mord gestörte sittliche Ordnung wieder herzustellen. Dazu bedarf es der Überführung des Täters oder der Täterin und einer gerechten Strafe.

Auch die Romanfiguren zerbrechen sich den Kopf über Genres und Krimi-Schulen – welches Subgenre ist »Mord für Anfänger und Fortgeschrittene«?
»Mord für Anfänger und Fortgeschrittene« ist eine »Sommergeschichte mit Toten«. Soll heißen, natürlich darf es – muss es geradezu! – eine Liebesgeschichte geben. Die Auflösung des Mordes geschieht so ein wenig en passant. Der Roman verweigert sich zwar nicht dem Genre Krimi, alle wesentlichen Krimielemente werden bespielt, mein Interesse liegt aber mindestens gleichwertig bei der Untersuchung der Liebesgeschichte.

Wie spielt man am besten mit den Erwartungen der Leserinnen und Leser?
Es ist schön, wenn Figuren einen über längere Zeit hinweg begleiten wie Paul und Luise, die uns in „Am dunklen Fluss“ [erschienen 2016 bei Picus] wiederbegegnen. Figuren haben ihre Geheimnisse, eine Geschichte hat einen dunklen Hintergrund – das interessiert mich. Als Autorin weiß ich selbst nicht immer von Anfang an, was das Geheimnis einer Figur ist. So gesehen muss ich mich auf die Suche machen. Es ist sehr befriedigend, wenn ich rückblickend feststelle, dass ich, ohne noch klar gesehen zu haben, schon von Beginn an entsprechende Hinweise eingebaut habe – das Geheimnis des Schreibens!