Ivan Ivanji

Das Kinderfräulein

Roman

Einband gebunden
Umfang 286 Seiten
Format 13,5 x 21,0
ISBN 978-3-85452-421-2
Ersch.Datum Januar 1998
24,00 inkl. MwSt.

Ilse von Bockberg, die Titelfigur von Ivan Ivanjis neuem Roman, gleitet traumwandlerisch durchs Leben, im inneren Konflikt schicksalsergeben zwischen Sehnsüchten und Resten von Standesdünkel gefangen. Eine Annonce verändert das Leben der jungen verarmten Adeligen, die im wirtschaftlich desolaten Österreich der dreißiger Jahre keine Arbeit finden kann. Nach dem Tod ihres Vaters ist die ausgebildete Lehrerin völlig allein und tritt den Posten eines Kinderfräuleins in einer kleinen jugoslawischen Stadt im Banat ohne große Erwartungen an. Die wohlhabende jüdische Fabrikantenfamilie Keleti nimmt die schüchterne Frau herzlich auf, und Ilse kümmert sich pflichtbewußt um das einzige Kind des ungleichen Ehepaares, um den kleinen, klugen Viktor. Das Kinderfräulein lebt sich rasch in die neue Rolle, nicht wirklich zum Personal, aber natürlich auch nicht zur Herrschaft gehörend, ein und wird besonders von der jungen Herrin in das gesellschaftliche Leben der Stadt zwischen Deutschen, Juden, Serben und Ungarn integriert. Die beiden Frauen werden Freundinnen, und die mondäne, oft unglückliche Goldy weiht die naive Ilse in die kleinen Geheimnisse ihres Lebens ein. Eine schwärmerische Beziehung bindet Ilse an einen jungen Spediteur, der eine der treibenden Kräfte im deutschen Kulturverein der multikulturellen Kleinstadt ist. Mit dem Einmarsch der Nazis ändert sich die Idylle schlagartig. Direktor Keleti wird als Symbolfigur in den ersten Stunden nach der Machtübernahme ermordet. Ilse, deren Freund nun SS-Mann geworden ist, versucht ihren Einfluß geltend zu machen, um wenigstens das Leben Goldys und des kleinen Viktor zu retten – im Gegenzug verpflichtet sie sich, als Sekretärin des Gestapo-Chefs zu arbeiten. Die Vernichtungsmaschinerie des Dritten Reiches hat ein kleines, funktionierendes Zahnrad mehr. Nach Ende des Krieges kommt Ilse mit den anderen Deutschen unter den Kommunisten ins Lager. Nur durch Zufall erfährt sie, daß ihre frühere Dienstgeberin in Auschwitz umgebracht wurde, Viktor aber überlebt hat und in Belgrad Architektur studiert. Über 50 Jahre später, Ilse ist pensioniert und nach Wien gezogen, trifft sie auf ihren Schützling von damals, Viktor Keleti, der ein berühmter und gefeierter Architekt geworden ist.