Harald Darer im Gespräch zu »Blaumann«

Von Lehrstellen und Leerstellen

 

Die »Lehrstelle« wird in »Blaumann« durch die »Leerstelle« ersetzt. Inwiefern ist die Lehrstelle auch eine Leerstelle?

In diesem Fall einerseits, weil der Protagonist die Stelle durch Zufall bekommen hat, weil sie eben gerade frei war, und andererseits, weil er es nicht geschafft hat, sie so auszufüllen, wie es von ihm verlangt wurde. Die Leerstelle hat eigentlich ihn ausgefüllt, wenn man das so sagen kann.

Du bist selbst gelernter Elektroinstallateur – hat Schreiben für dich etwas damit gemein?

Die einzige Gemeinsamkeit ist das befriedigende Gefühl, das man hat, wenn die Arbeit erledigt ist. Das Gefühl, etwas geschafft zu haben. Das kann ein Loch in der Erde sein, das man gegraben hat, die letzte montierte Steckdose oder ein fertiges Kapitel in einem Buch. Das Deprimierendste ist doch, von dem Ergebnis der eigenen Arbeit völlig abgekoppelt zu sein.

Inwiefern spielt deine eigene Lehrzeit in den Roman hinein?

Stark. Es kann aus mir nur herauskommen, was vorher irgendwie in mich hineingekommen ist. Das heißt nicht, dass alles genau so passiert ist, aber zumindest versuche ich, in meinen Büchern die Realität der Personen bildhaft zu beschreiben, auch wenn sie erfunden ist.

Gibt es Text-Traditionen oder Autoren, auf die du dich mit »Blaumann« beziehst?

Ich mag Übertreibungen bei Themen, die sonst unerträglich zu lesen sind. Sie bringen Humor in den Text. Für mich ist Humor sehr wichtig. Betroffenheitsliteratur und Behübschungen kann ich schwer aushalten. Ich schätze die österreichischen Autoren, weil sie mehr auf die Sprache achten, mit ihr spielen und sich dadurch von vielen deutschen Autoren unterscheiden. Vielleicht ist das aber auch nur ein Minderwertigkeitskomplex. Wenn man mir eine Pistole anhielte und ich drei österreichische Autoren zu nennen hätte, würde ich sagen: Werner Kofler, Gustav Ernst, Josef Winkler. Und Autorinnen: Margit Schreiner, Brigitte Schwaiger, Christine Nöstlinger.

Was macht die Arbeitswelt mit deinem Protagonisten und seinem Körper?

Industrialisierte Arbeitsabläufe, die in einen zeitlich straff vorgegebenen Rahmen gepresst sind, und sinnlose Tätigkeiten machen Menschen psychisch und physisch kaputt. So auch meine Protagonisten. Leider gibt es immer genug Ersatzteilmenschen. Oder Automatisierung, dann braucht sie eh keiner mehr.